Traudl Vorbrodt ist tot
Am 6. Dezember 2024 ist im Alter von 86 Jahren Traudl Vorbrodt verstorben. Traudl war Mitbegründerin des Berliner Flüchtlingsrates und seit Mitte der 1990er Jahre für über 20 Jahre Mitglied der Berliner Härtefallkommission. Sie hatte sich maßgeblich für dieses humanitäre Berliner Pilotprojekt eingesetzt, welches erst 2005 bundesweit gesetzlich geregelt wurde. Viele Jahre engagierte sie sich bei pax christi in der Kommission Asyl/Flüchtlinge. Ende der 1990er Jahre, in der Gründungsphase von akinda, war sie kurzzeitig auch bei uns aktiv und hat maßgeblich zu unserer Namensgebung beigetragen. Mit Traudl ist eine unermüdliche Kämpferin gegen Rassismus und Diskriminierung von uns gegangen. Sie hat sich Zeit ihres Lebens für die Menschenrechte und ein solidarisches Miteinander eingesetzt.
Ich habe Traudl in den 1990er Jahren kennen gelernt, als ich als junger Anwalt im Migrationsrecht immer wieder mit „hoffnungslosen Fällen“ zu tun hatte, bei denen nur noch die damals im Land Berlin bereits etablierte Härtefallkommission zu einem Bleiberecht aus humanitären Gründen verhelfen konnte. Traudl hat sich in ihrer empathischen und zugleich häufig nach außen ruppigen Art diesen Fällen angenommen und sich mit Herzblut gegenüber der Ausländerbehörde und den wechselnden Innensenatoren für die geflüchteten Menschen eingesetzt – und dies auch mit viel Erfolg! Gerade für junge Geflüchtete, die alleine ohne ihre Eltern in Berlin angekommen sind, hat sie sich stark gemacht – seinerzeit noch in einer Situation mit äußerst geringen Anerkennungsquoten im Asylverfahren und ohne rechtliche Regelungen wie „Ausbildungsduldung“.
Das Bundesverdienstkreuz, das ihr 2008 verliehen wurde, gab sie 2018 vor dem Hintergrund der damaligen Flüchtlingspolitik zurück. Auch damals ging es um Beschränkungen des Familiennachzugs zu unbegleiteten Minderjährigen Geflüchteten im neuen Koalitionsvertrag der damaligen SPD-CDU-GroKo. Traudl schrieb damals: “ich ertrage es nicht mehr ‚in Anerkennung der um Volk und Staat erworbenen besonderen Verdienste‘ ausgezeichnet worden zu sein. Insbesondere betrifft das die weitere Aussetzung der Familienzusammenführung für hier Schutz Suchende, selbst wenn diese noch minderjährige Alleinstehende sind: Mit der ausschließlichen Orientierung an der Zahl und nicht am Schicksal der Menschen, werden rechtliche und humanitäre Verpflichtungen überhaupt nicht mehr berücksichtigt.“
Traudl wird uns unendlich fehlen und die Erinnerung an sie wird uns in unserem Engagement ermutigen und bestärken!
Ronni Reimann