Anne und Anne
Das Leben schreibt in allem Unglück, das es gibt auch witzige Geschichten. Seit Mai 2015 sind Anne und Anne Vormund und Mündel.
Als sie sich im Dezember 2014 kennenlernten, war die eine 31 Jahre, die andere gerade mal 15.
Die eine arbeitete bei Deutschlands größter Spendenplattform betterplace.org, mit deren Unterstützung es tausenden sozialen Projekten gelungen ist und gelingt, ihre guten Vorhaben in die Tat umzusetzen. Die andere war zehn Monate zuvor aus Kenia nach Deutschland geflohen, um sich hier einen besseren Platz zum Leben zu erobern.
» Ich stand oben am Fenster und habe die ganze Zeit auf die Straße gestarrt. Wer wird mein Vormund, wie sieht die Frau aus, werde ich sie sympathisch finden, wird sie mich mögen? Ich war so aufgeregt. «
Der Tag, an dem sie sich kennenlernten, ist beiden noch gut in Erinnerung. „Ich hatte mich etwas verspätet“, sagt die große Anne und die Jüngere ergänzt: „Ich stand oben am Fenster und habe die ganze Zeit auf die Straße gestarrt. Wer wird mein Vormund, wie sieht die Frau aus, werde ich sie sympathisch finden, wird sie mich mögen? Ich war so aufgeregt.“ Sie hat sie sympathisch gefunden und sie wurde gemocht. So wie es klingt, vom ersten Augenblick an.
Die jüngere Anne besucht eine Schule. Sie will Abitur machen und vielleicht Medizin studieren, aber ganz sicher ist sie noch nicht. Es gibt so viel, was man tun könnte und sie ist noch auf der Suche nach dem richtigen Weg.
Anne und Anne treffen sich oft. „Wir versuchen, afrikanisch zu kochen“, sagt Anne aus Kenia. „Eigentlich nehmen wir uns immer irgendetwas vor, was wir machen wollen. Und dann reden wir am Ende doch meist die ganze Zeit miteinander“, erklärt Anne aus Deutschland.
» Berlin ist so cool. Ich finde es einfach toll hier. Wir haben zusammen bei IKEA eine blaue Schlafcouch gekauft.
Für mein WG-Zimmer. Damit Anne auch mal bei mir schlafen kann.«
Bücher werden weitergereicht, die der einen gefallen haben und die die andere deshalb auch lesen soll. Über die Schule wird geredet, über die Zukunft, das Leben in Berlin.
„Berlin ist so cool. Ich finde es einfach toll hier. Wir haben zusammen bei IKEA eine blaue Schlafcouch gekauft. Für mein WG-Zimmer. Damit Anne auch mal bei mir schlafen kann“, erzählt Anne aus Kenia.
„Na ja, schlafen“, murmelt Anne aus Deutschland, „So viel, wie wir miteinander reden, kommen wir eher nicht dazu.“
Text: Kathrin Gerlof I Bilder: Rico Prauss